Underpromise and Overdeliver!

Zwei Supergeschäftsmänner schliessen einen Deal per Handschlag.

Auszug aus einem Telefonat. Es ist ein Freitag. Etwa 10:30 Uhr morgens.

Verkäufer: “Ich schicke Ihnen das Angebot bis 13:00 Uhr zu.”
Ich: “Lassen Sie sich Zeit! Ich werde heute eh nicht mehr antworten. Bis heute Abend reicht es.”

Ich schreibe diesen Post am Folgetag (ein Samstag) und guess what!? Das Angebot ist noch nicht in meiner E-Mail Inbox. Im bin versucht zu schreiben “immer noch nicht”. Insgeheim habe ich das Angebot Freitag um 13:00 Uhr erwartet. Natürlich habe ich dem Verkäufer eine längere Frist angeboten, aber er hat ja initial 13:00 Uhr vorgelegt. Die Uhrzeit stand jetzt im Raum. Er hat “overpromised”. Und das ohne Not! Aber am schlimmsten ist es, dass er dann auch noch “underdelivered” hat. Er hätte das Freitag Abend mit einem Status-Update “Tut mir leid, ich muss das noch mit der Abteilung xyz abstimmen. Dauert etwas länger.” retten können. Aber so rein gar nichts zu schicken ist die schlechteste Option. Am Ende kam das Angebot im Laufe des Sonntags. An sich ist das ja ein Zeichen von Einsatz und Service (am Sonntag erwarte ich so was überhaupt nicht). Aber er hat am Ende overpromised und underdelivered. Und ich wiederhole mich noch mal: Ohne Not!

Oft ist es schwierig zeitliche Prognosen zu geben. Gerade bei der Software-Entwicklung. Komplizierte Features lassen sich manchmal ganz einfach lösen und manche für den Kunden ganz einfach erscheinende Funktionen produzieren viele Überstunden und Alpträume bei den Programmierern.

Auf die Frage “Wie lange wird es dauern?” kann man IMMER mit einem “weiß ich es nicht” oder “kann ich jetzt hier unmöglich abschätzen” antworten. “Kann” im letzten Satz ruhig mit “Sollte” ersetzen. Und wenn der Kunde dann - warum auch immer - ad hoc eine Aussage haben will/muss, dann erst mal einen Moment nachdenken. Auf jeden Fall auf der ganz sicheren Seite agieren! Wenn man schneller liefert, wird sich nie jemand beschweren. Wenn man aber länger braucht, dann bringt das immer einen negativen Beigeschmack mit.

Stefan, das schaffst Du immer? Hut ab!

Nein, natürlich schaffe ich das nicht immer. Was habe ich mich schon verschätzt! Nicht, um Tage oder Wochen. Nein, ich habe mich bei Projekten schon um Jahre verschätzt! 🤦‍♂️ Ich sage ja hier nicht, dass man immer richtig schätzen muss. Ich sage nur, dass man immer im Hinterkopf behalten muss, dass Overdelivering nie verkehrt ist.

Das gilt natürlich nicht nur bei zeitlichen Einschätzungen im Projektgeschäft. Es gilt auch bei Features. Es ist auch nie verkehrt einem Kunden ein Goodie zu präsentieren – gratis. Natürlich kostet das Geld, aber ein glücklicher Kunde ist ein Kunde, der wieder kommt. Und der wieder kommt, zahlt auch gerne mal ein paar Euro mehr. Und wenn er dann noch ein paar Freunde mitbringt, dann ist das Geschäft perfekt. Mal davon abgesehen, dass es auch rein menschlich schön ist. Karma!

Gute Hotels und Restaurants sind Könige in dieser Disziplin. Sie zaubern Überraschungen aus dem Hut: ein Zimmerupgrade, das man nicht erwartet hat. Das geht alles in die gleiche Richtung.

Es muss vom Herzen kommen!

Overpromise und Underdeliver funktioniert nur gut, wenn man es ehrlich meint. Es darf nicht berechnend sein. Ich gebe Kunden, die ich mag, ein Goodie. Es kommt vom Herzen. Es ist authentisch.

Und bei Kunden, die ich nicht mag, versuche ich das Gleiche auch zu machen. Das hat etwas damit zu tun, dass ich weiß, dass man nicht jeden Tag im Leben gut drauf ist. Manchmal ist man einfach schlecht gelaunt, weil vielleicht zu Hause die Heizung ausgefallen ist oder weil ein naher Verwandter gestorben ist. Das kann ich in meiner Interaktion mit dem Kunden nicht abschätzen. Ich versuche immer vom Positiven auszugehen. Sprich: “Der ist nicht immer so unfreundlich. Der hat einfach heute einen schlechten Tag.” Aber auch hier: Es gelingt mir nicht immer. Es bleibt ein Prozess der konstanten Verbesserung.

Es muss realistisch sein!

Underpromise ist kein Freifahrtschein für eine völlig sinnfreie Zeitabschätzung. Man kommt um das Nachdenken und die Planung nicht drum rum. Man sollte aber etwas konservativer vorgehen.

Buchempfehlung zum Thema

Das Buch “Unreasonable Hospitality: The Remarkable Power of Giving People More Than They Expect” von Will Guidara ist ein echter Eye-Opener. Es handelt von der Gastronomie, aber die Prinzipien lassen sich auf alle Bereiche des Lebens übertragen.

FAQ

Frage: Was hat es mit diesem schrecklichen Hero-Bild auf dieser Seite auf sich?
Antwort: Always underpromise and overdeliver! 😉